In der Szene der Selbstentwickler und Coaches ist es ein geflügeltes Wort und manchmal auch ein Totschlagargument: Du hast die Wahl! oder in abgewandelter Form: Du hast das selbst gewählt, wähle neu! Wenn es eine sanfte Erinnerung für das Gegenüber ist, von dem als bekannt vorausgesetzt werden kann, dass diese Sichtweise verinnerlicht ist, dann ist es gut. Wenn es ein verzweifelter Versuch ist, das Gegenüber aus seinem aktuellen Zustand mit Druck herauszuzerren, dann ist es gut gemeint. Gut gemeint ist so ziemlich genau das Gegenteil von gut.
Was heißt es eigentlich, dass du die Wahl hast? Wenn du ein neues Kleid kaufst und die Wahl zwischen drei verschiedenen Farben hast, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass du die Farbe wählst, die deiner Lieblingsfarbe entspricht oder sich zumindest mit ihr kombinieren lässt. Vielleicht wählst du die Farbe, die dir von jemandem empfohlen wurde, weil sie angeblich deinem Typ entspricht. Die Wahrscheinlichkeit, dass du die Farbe wählst, die dir am wenigsten gefällt oder dich sogar abschreckt, halte ich für ausgeschlossen. Du wählst also mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit das, was du schon kennst. Spätestens zuhause fällt dir auf, dass du gerade das siebte Kleid in exakt deiner Lieblingsfarbe gekauft hast. Die Entscheidung, dass es wieder ein rotes Kleid wird, ist also schon gefallen, bevor du gewählt hast.
Aus wiederholter Wahl wurde eine Entscheidung
Bleiben wir bei deinem Kleiderschrank. Dein Leben hat dich in turbulente Gewässer geführt. Du spürst, dass sich etwas verändern muss und du weißt nicht, wie du das anstellen sollst. Wenn du deinen Kleiderschrank öffnest, sind da überwiegend rote Kleider. Bei den vergangenen Einkäufen hast du immer wieder deine Lieblingsfarbe rot gewählt. Du musst schon suchen, bis du etwas findest, was nicht rot ist, dir passt und das Bedürfnis weckt, es anzuziehen. Mach jetzt bloss nicht den Fehler, neu einkaufen zu gehen. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass du mit einem weiteren roten Kleid zurück kommst.
Wie du dir eine Wahlmöglichkeit schaffst
Nimm deinen Lieblingsstift und deinen Schreibblock. Ein paar leere Blätter aus dem Drucker tun es für diesen Zweck auch. Lass uns beim Bild des Kleiderschranks bleiben. Schreib nun auf, welche Farben dir in den Sinn kommen. Rot. Klar, das hast du schon. Und rot ist eine wunderbare Farbe! Was fällt dir noch ein? Blau. Sehr gut! Grün. Ja! Gelb. Macht blass, ich weiß, schreib die Farbe trotzdem auf. Grau. Ist das überhaupt eine Farbe? Egal, schreib sie auf! Schwarz. Dir fällt sofort eine Begräbnisszene ein. Darf sein, schreib auch Schwarz auf deinen Zettel. Weiß? Ja, klar! Lassen wir gelten. Schreib weiter, bis dir wirklich nichts mehr einfällt. Hast du Laubfroschgrün aufgeschrieben? Und Quietschorange? Perfekt! Der Zettel vor dir ist jetzt ziemlich bunt. Fallen dir Unterschiede in deiner Schrift auf? Hast du manche Farbe hastig, krakelig geschrieben und manche fast in Zierschrift? Lass das auf dich wirken.
Folge mir gedanklich zum Kleiderschrank zurück. Hast du nur einfarbige Kleidungsstücke? Oder gibt es auch gemusterte? Eben! Nimm dir wieder deinen Lieblingsstift zur Hand und schreib weiter, welche Muster dir einfallen. Gestreift, getupft, kariert, – schreib wieder alles auf. Und lass es wirken.
Du erhöhst die Auswahlmöglichkeit enorm, wenn du Kombinationen findest
Nimm nun einen Stift in einer anderen Farbe und verbinde Muster mit Farben. Welche Kombinationen sind möglich? Welche Möglichkeiten könnten dir gefallen, welche bringen dich sofort zum Kopfschütteln? Spürst du schon, worauf ich hinaus will? Ich bin der Ansicht, dass du erst jetzt eine Wahl hast. Du hast ganz viele Möglichkeiten aufgeschrieben und wenn du dir in den kommenden Tagen wieder Zeit nimmst, werden dir noch neue Möglichkeiten und Kombinationen einfallen. Vielleicht sind dann welche dabei, die dich so interessieren, dass du dich tatsächlich auf die Suche nach einem Kleid in genau dieser Kombination machst. Dann hast du wirklich neu gewählt und die Chance ist da, dass du diesmal mit einem Kleid nachhause kommst, das so anders ist, dass es aus deinem Kleiderschrank richtig hervorsticht.
Jetzt hat dein Kleiderschrank das Potential zu einem wirklich buntem Angebot für dich zu werden. Ab jetzt kannst du jeden Morgen wirklich neu entscheiden, wie du dich kleiden möchtest und wie du diesem neuen Tag begegnen willst. Du bist in Gedanken immer noch bei der neu gefundenen wilden Muster-Farbkombination für dein Kleid? Sehr gut! Vielleicht hast du es dir in diesem Augenblick schon manifestiert. Wenn du länger nach deinem neuen Kleid suchst, dann komme gerne hier her zurück. Kleider kann ich dir nicht anbieten. Doch wie Manifestieren besser gelingen kann, dazu wird es in diesem Blog sicher noch Beiträge geben.
Es funktioniert immer
Du hast es sicher erkannt, das rote Kleid und der Kleiderschrank sind nur ein einfaches Beispiel. Wann immer du vor einer großen Entscheidung stehst, kannst du mit Lieblingsstift und Papier herausfinden, welche Möglichkeiten du hast. Lasse auch die Möglichkeiten zu Papier kommen, die dir als unmöglich erscheinen. Eröffne dir einen möglichst großen Raum an Möglichkeiten und lasse die Fülle auf dich wirken, bevor du den nächsten Schritt machst.