Nach den ersten Schreibübungen mit dem Bleistift durften wir in der Volksschule endlich mit der Füllfeder schreiben. Es fühlte sich an wie eine besondere Auszeichnung und eine ganze Weile hatten wir mehr oder weniger blaue Fingern. Es brauchte Übung, bis die Feder glatt über das Papier glitt. Auch die Finger mussten erst die richtige Position finden, die die Feder unverkrampft führte und die Finger vor der Tinte sicher waren. Spätestens dann, wenn die Feder gereinigt werden wollte, waren Tintenfinger garantiert.
Am Gymnasium war weder Füllfeder noch Tintenblau obligatorisch. Wir probierten uns aus mit verschiedenen Tintenfarben und auch mit Kugelschreibern und diversen Faserstiften. Ich kehrte sehr rasch zur Füllfeder zurück. Erst auf der Uni griff ich zu Kulis und lernte das 10-Fingersystem für die Schreibmaschine. Danach hatte ich den ersten PC und als Redakteurin schrieb ich alle meine Texte am Computer. Es musste schon damals schnell gehen und ich kannte keinen einzigen Redakteur, der mehr als ein paar Notizen bei Pressekonferenzen von Hand notierte. Kulis wurden zu Wegwerfprodukten, es fühlte sich nicht gut an, länger von Hand zu schreiben. Selbst Kalender wurden digital.
Mit dem Smartphone zurück zur Füllfeder
Originellerweise führte mich ausgerechnet mein erstes Smartphone wieder zurück zur Füllfeder. Hier versagte mein 10-Fingersystem kläglich, Sprachnotizen mag ich bis heute nicht wirklich, also fing ich wieder an, handschriftliche Notizen zu schreiben. Zuerst suchte ich mir einen Kugelschreiber, der gut in meiner Hand lag. Doch bald kehrte ich zur Füllfeder zurück. Mit ihr machte es Spaß auch längere Texte zu schreiben. Im Winter 18/19, als ich täglich mindestens 3 DIN A4-Seiten mit meinen Morgenseiten füllte, wurde die Füllfeder unverzichtbar. Ich hab mich für ein Modell für Schreibanfänger entschieden. Es liegt wirklich gut in der Hand und ich kann damit ermüdungsfrei schreiben. Da es aus Holz ist, ist es nie unangenehm kalt. Als Zugeständnis an das 21. Jahrhundert hat diese Füllfeder einen Gummiknubbel mit dem ich mein Smartphone bedienen kann. Das ist wesentlich exakter als mit dem Finger zu tippen.
Auf einem meiner Profilbilder habe ich die Lieblingsfüllfeder zwischen den Zähnen. Ich werde auf die Füllfeder angesprochen und ich erzähle gerne davon, dass ich mit Füller schreibe. So erzählte mir vor kurzem eine Frau, die ich über Linkedin kennengelernt habe, dass sie sehr an einem Erbstück, einer alten Füllfeder hängen würde. Doch diese alte Feder wäre undicht und sie hätte regelmässig blaue Finger, wenn sie damit schreiben würde. Aus Neugierde tippte ich die Worte Füllfeder, Reparatur in meine Suchmaschine und entdeckte die Füllhalter Werkstatt.
Gutes Werkzeug verdient gute Pflege
Diese einfache und informative Seite gehört zu jemandem, der ein liebevolles Händchen für solides Schreibwerkzeug hat. Das ist die Energie, die bei mir angekommen ist. Unter dem Titel „Rund um den Füllhalter“ wurde ich sachte daran erinnert, meinen Füller zu pflegen, bevor er zu kleckern anfängt. Ich sah ausserdem, dass es wunderschöne teilvergoldete und verzierte Federn gibt und ich habe mich in diese Federn verliebt. Jetzt bin ich so neugierig geworden, dass ich gerade auf der Suche nach alten Federn bin, um selbst zu lernen, sie zu zerlegen, reparieren und pflegen. Für mich gehört das Schreiben mit einer Füllfeder inzwischen zu einer alten Kulturtechnik, dich ich meinen Mitmenschen gerne wieder näher bringen möchte.
Schreibst du noch oder wieder mit einer Füllfeder?