Den Retter geben – Toxische Muster

mit Margot Dimi

Den Retter geben – Toxische Muster

26. April 2022 Toxische Muster 0
Retter in der Not können auch toxische Menschen sein. Nämlich dann, wenn sie dich davor überhaupt erst in die Situation gebracht haben, aus der sie dich dann retten.
Retter sind nicht immer, was sie scheinen. Bild von Dimitri Wittmann auf Pixabay

Es beginnt ganz harmlos. Ein Spaziergang in einer Gegend, in der du dich nicht auskennst. Etwas, was du unbedingt kennenlernen musst! Du lässt dir die Landschaft erklären, achtest nicht weiter auf den Weg und vertraust darauf, dass dein „Reiseführer“ sich ohnehin auskennt. Es ist ein klassischer Ausflugstag bei traumhaft schönem Wetter und es gibt viele Wanderer, die ebenfalls unterwegs sind. Hier eine besondere Pflanze, da ein ganz seltener Baum. Irgendwann fällt dir auf, dass du schon lange keine anderen Spaziergänger mehr gesehen hast und du fragst beiläufig dein Gegenüber: „Du kennst dich hier ja aus. Ich werde langsam müde, lass uns zurück gehen.“ 

Die Antwort ist nicht die, die du erwartest: „Jetzt wo du es sagst, wo sind wir hier? Ich glaube, wir haben uns verlaufen!“ Wenn du jetzt panisch reagierst, hast du komplett verloren. Dein „Reiseführer“ wird dich mit großer Wahrscheinlichkeit wieder an den Ausgangspunkt führen, dir dabei jedoch das Gefühl vermitteln, dass er der großartige Retter ist und dein Orientierungssinn ja wirklich unter jeder Kritik ist. Damit macht er dich psychisch klein.

Retter aus Situationen, in die sie dich selbst gebracht haben

Bist du mit einem guten Orientierungssinn ausgestattet oder kannst du dich mit Hilfe deines Smartphones zurück navigieren, wird ein toxischer Partner andere Möglichkeiten finden. Das Muster ist immer das Selbe: Unbemerkt und doch gezielt bringt er dich in eine Situation, aus der du selbst nicht mehr herausfindest. Das ist der Moment, in dem er dich „rettet“. Diese Rettung wird dir noch lange vorgehalten und dient dazu, dich abzuwerten. Vielleicht hast du sogar ein ganz gutes Orientierungsvermögen und warst nur unvorbereitet. Dann macht es deinem toxischen Partner ganz besonders große Freude, diese Fähigkeit zu zerstören. Er wird dich so lange in Verlegenheiten bringen, bis du selbst an deinem Orientierungsvermögen zu zweifeln beginnst. 

Ausser einem Muskelkater erleidest du vermutlich keine körperlichen Schäden. Doch es schleicht sich eine psychische Belastung ein. Und das ist auch das Ziel solcher „Spiele“. Gleichzeitig steht der toxische Partner auch in Gesellschaft gut da. Immerhin hat er dich ja gerettet und du kannst sicher sein, dass diese Geschichte gerne und oft erzählt wird. Es ist Teil des Psychospiels. Du sollst bloss nicht vergessen, dass du eine orientierungslose Niete bist.

Wenn der Schwerpunkt auf körperlicher Verletzung liegt

Unter dem etwas sperrigen Namen Münchhausen-Stellvertreter Syndrom (Münchhausen by Proxy Syndrom) wird auf andere Art eine Abhängigkeit geschaffen. Dabei fügen Menschen meist nahestehenden Personen, besonders oft Kindern, absichtlich Verletzungen zu, um die Person dann „aufopfernd zu pflegen“. Die Schaffung und Beibehaltung von einseitigen Abhängigkeitsverhältnissen ist auch hier das Ziel. Tiere können ebenfalls Opfer solcher toxischer Menschen werden. Je komplizierter und spektakulärer die notwendige Behandlung der verletzten Tiere ist, desto besser eignen sie sich, um in Gesellschaft zum Besten gegeben zu werden.

Tobias Mindernickel, eine Novelle von Thomas Mann beschreibt so einen Fall. Der Protagonist nimmt einen Hund zu sich, den er immer schwerer verletzt um ihn anschliessend wieder gesund zu pflegen. Für den Hund endet dieses grausame Spiel tödlich. Auch Kinder sind in großer Gefahr, wenn sie einen so gestörten Elternteil haben. Nach aussen kann das wirken, als würde sich der krankhaft agierende Mensch rührend kümmern und wäre vom Schicksal mit einem besonders kranken Tier/Kind geschlagen. Erwachsene Menschen, die an solch abartige Retter geraten, haben zumindest die Chance, dieses Muster zu erkennen und sich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen.

Ob die Idee, einen Krankheitserreger absichtlich in Umlauf zu bringen um dann die heilsame Medikation zu verkaufen in dieses Muster passen könnte, überlasse ich deiner Wahrnehmung.

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