Die weise alte Frau – Lebensziel

Bild von Lubov Lisitsa auf Pixabay

In diesen Tagen wurde ich gefragt, was mein Lebensziel ist. Im ersten Anlauf war ich bei den klassischen Zielen, so wie ich es in Coachings gelernt habe. Einkommen, Zeichen des Wohlstands, diese Dinge. Abends tanzte ich für mich, trommelnde Musik, das hilft mir, in mich hineinzuhören. Zu fühlen, worum es wirklich geht in diesem, meinem Leben. Der erste Satz, der mir geschenkt wurde, lautete: Ich will Frau sein. Ich fühlte weiter in mich hinein und dann floss dieser Text aus meiner Feder:

Ich sehe mich als alte Frau mit langem, grauem, zerzaustem Haar und einem herzhaften Lachen. Meine Augen glänzen und sind klar. Meine Falten sind Spuren meines Lebens. Zumindest die zweite Lebenshälfte hat mir ganz viele Lachfalten gebracht. Ich trage ein buntes Kleid, Schmuck und laufe barfuss. Das Alter brachte mir die Weisheit, nicht alles als persönlichen Angriff zu sehen und doch alles zu hinterfragen, was meine Gefühle in Wallung bringt. Nach und nach habe ich gelernt, meine Probleme mit mir selbst zu klären. Meine Wunden selbst zu heilen. Ich habe aufgehört, Spiegel zu putzen und mit meinem Schatten zu fechten. Ich habe erkannt, dass sich mein Spiegelbild und mein Schatten nur dann verändert, wenn ich mich verändere.

Ich habe mir erlaubt, Frau zu sein

Ich habe mir erlaubt, Frau zu sein und nun bin ich es. Ich bin wild, unabhängig, unbändig, widersprüchlich, weich, dunkel, liebevoll, herzlich, geheimnisvoll und weise.

Obwohl ich ganz Frau geworden bin, verdiene ich gutes Geld. Meine Lebenserfahrung ist gefragt. Auch meine Fähigkeiten, mit den Mitteln von Pachamama den Menschen Linderung oder Heilung bei gesundheitlichen Beschwerden zu bringen, ist gefragt in der neuen Welt.

Hinter mir liegt die alte Welt in der man mir beigebracht hatte, dass eine Frau nur dann finanziell erfolgreich ist, wenn sie sich wie ein Mann benimmt. Weiblichkeit wurde zur Hure oder zum Heimchen am Herd diffamiert. Kinder wurden zum Karrierehindernis und zur doppelten oder dreifachen Belastung stigmatisiert.

Auch als Mann ist eine Frau nicht gut genug

Doch auch als „Mann“ stiess ich an unsichtbare Grenzen. Dass ich schwanger werden könnte, konnte ich nicht wegmachen. Als Mann war ich auch nicht gut genug für das große Geld. Als ich aus dem gebärfähigen Alter raus war, war ich zu alt.

Ich lebte in einer Zeit, in der Männer zu Versorgern oder einsamen Wölfen hochstilisiert wurden. Auch sie mussten ihre Gefühle leugnen, um Geld zu verdienen. Das Männerbild, in das sie gedrängt wurden, machte sie unzufrieden.
Ich lebte in einer Zeit, in der es viele Drogen gab, mit denen man sich das falsche Leben erträglich machen konnte. Alkohol, Kokain, Nikotin, Pornos, Fernsehserien, …

Ich lebte in einer Welt, in der die Landwirtschaft industrialisiert wurde und uns vorgegaukelt wurde, dass ein Bio-Siegel für echte Natur stünde. selbstverständlich mit Preisaufschlag.

Die Welt der Angst liegt weit hinter uns

Ich lebte in einer Welt, in der wir in Angst versetzt wurden, mit Dingen, die wir selbst nicht sehen konnten. Dinge, die uns von Autoritätspersonen mit Messwerten „erklärt“ wurden. Ich hatte Angst vor Radioaktivität, vor saurem Regen, vor Feinstaub, vor Mikroplastik. Bei CO2 und Viren bin ich aus dieser Angst ausgestiegen.

In der Zeit fing ich an, meine Weiblichkeit zu entdecken und zu leben. Ich konnte diese große Wunde heilen. Ich wurde immer mehr zur alten, weisen Frau und lebte diesen Lebensabschnitt in Liebe. Ich widersetzte mich dem alten Bild, dass Alter, Krankheit und Tod verdrängt werden müssten. Ich lernte, die Spuren des Alters an meinem Körper zu lieben.

Den Animus kann und kenne ich und hab ihn integriert. Ich muss sie nicht mehr leben. Denn ich lebe mit einem Mann zusammen, der aus der selben verdrehten Zeit kommt. Der diese Zeit überwunden hat und zu seiner Männlichkeit gefunden hat. Er hat seine Anima integriert. Er ist stark, klar, selbstsicher, zielsicher, bestimmt, liebevoll. Er ist mein Fels in der Brandung und gibt mir den Raum, ganz Frau zu sein. Er geniesst sein Mann sein und weiss, dass das Zusammenspiel unserer Yin- und Yang-Energien uns unbesiegbar macht.

Leben in Liebe und Leichtigkeit

Wir leben in Liebe und Leichtigkeit. Wir haben heftige Kämpfe hinter uns in denen wir gelernt haben, uns selbst zu heilen, wenn der andere uns eine Wunde spiegelte. Wenn wir das doch nochmal vergessen und uns in die grauen Haare bekommen, können wir darüber lachen, uns in den Arm nehmen und uns lieben.

Wir haben uns geheilt und damit haben wir andere Menschen geheilt, die Welt geheilt.

Wir leben naturverbunden in einer gesunden sozialen Struktur. Wir haben „unseren Stamm gefunden“. Wir wissen, was wir essen, weil wir es selbst herstellen. Jung und Alt leben stressfrei zusammen. Mein Herz lacht, weil ich Kinder so aufwachsen sehe, wie ich es mir nur wünschen kann. In gesunder Familienstruktur mit Mutter und Vater, eingebunden in ein Dorf, in dem Kinder miteinander aufwachsen können. Alte Menschen wie wir leben in einer Gemeinschaft, in der wir mit unserem Wissen geschätzt werden. Wenn unsere Körperkräfte nicht ausreichen, gibt es junge Menschen, die uns unterstützen. Wir dürfen in eine Gemeinschaft eingebunden alt werden und eines Tages in Frieden sterben. Wir wissen, dass wir in unserem Stamm nie alleine sind, dass wir füreinander da sind.

Sitzen am Lagerfeuer

Manchmal sitzen wir Abends ums Lagerfeuer, singen, tanzen und erzählen den Kindern von einer zugrunde gegangenen Welt, in der man in Städten aus Beton und mit künstlichem Licht lebte. Der Kontakt zu Pachamama war unterbrochen, der Unterschied zwischen Tag und Nacht war verwischt, man konnte die Sterne am Himmel kaum noch sehen. Die Städte waren laut vom Lärm der Motoren. Die Luft war stickig. Wir erzählen von einer Zeit, in der man den menschlichen Körper wie eine Maschine behandelte und reparierte. In der man versuchte, Roboter aus den Menschen zu machen. In der man das Herz und seine Kraft ignorierte.

Wenn mein Mann und ich vom Lagerfeuer zurück zu unserem Häuschen gehen, eng umschlungen, zeigt er mir die Sterne. So klar wie jetzt konnten wir sie früher nie sehen. Im Bett kuscheln wir uns eng aneinander. Er streichelt meinen alt gewordenen Körper und lässt mich mein Alter vergessen. Auch das Schlafen vergessen wir noch für eine Weile. Wir lieben uns lange und innig. Wir sind in diesem Menschenleben weit gereist. Es gab steinige Abschnitte und Momente, wo einer von uns nicht weiter wusste. Doch unsere Liebe hat uns alle Hindernisse überwinden lassen.
Wir wissen, dass wir alleine leben könnten. Und wir wissen, dass wir gemeinsam mehr als die Summe unserer Energie sind. Unser gemeinsamer Lebensabend ist voller Magie und wir wissen, dass unsere Liebe unsere sterblichen Hüllen überdauert.

Bild von Daisy Brust auf Pixabay

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